So denkt Kößlarn über Dorferneuerung
Großes Thema ist ein mögliches Fernwärmenetz - Bürger wünschen sich eine Kurzzeitparkzone
Kößlarn. Der Markt Kößlarn hat sich gemeinsam mit dem Amt für Ländliche Entwicklung Niederbayern zum Ziel gesetzt, die Attraktivität Kößlarns mit einer Dorferneuerung zu steigern. Dazu wurden von den Arbeitsgruppen in einer Broschüre „Kößlarn - lebenswert, liebenswert, sehenswert“ bereits zentrale Ziele als Leitbild der Dorferneuerungsmaßnahmen formuliert. Einige Ziele des Leitbildes aufgreifend, zeigt die vorliegende Studie ein Meinungsbild der Bürger auf, die derzeit unmittelbar von der Dorferneuerung betroffen sind.
Mit dem Technologiecampus, Geodatenflug, Freyung wurden Fragebögen entwickelt. Die Schwerpunkte bezogen sich auf die Einschätzung zur Dorferneuerung allgemein, eine Bestandsaufnahme der Gebäude und Leerstände und die energetische Situation, die wirtschaftliche Entwicklung des Dorfkerns, die Parkplatzsituation und das Interesse bei Bürgern für einen Fernwärmeanschluss. Das Ergebnis der Befragung wurde von Geodatenflug vorgestellt.
Dorferneuerung: gut bis mittelmäßig
Das Projekt Dorferneuerung erhielt eine gute bis mittelmäßige Benotung. Obwohl Möglichkeiten der Teilnahme bestehen, werden diese nicht umfassend genutzt. So wurde auch die Gelegenheit sich mittels der Befragung zu beteiligen, von vielen nicht in Anspruch genommen. Obwohl die Beteiligung gering war, war die Bürgerbefragung ein Erfolg, was die gute Note für die Durchführung deutlich aufzeigte. Darauf aufbauend, geben die Ergebnisse dieser Studie den Bürgern Wertschätzung, am Prozess beteiligt zu sein. Finden doch die Vorschläge Eingang in die Dorferneuerung.
Trotz vieler Aufklärungsversammlungen im Vorfeld über das, was eine Dorferneuerung ist und beinhaltet, bleibt vielen Bewohnern dies dennoch unklar. Die Bedeutung einer solchen Dorferneuerung, mögliche Maßnahmen und wichtige Themen wie wirtschaftliche Förderung der Geschäfte im Dorfkern oder die Verlegung von Kopfsteinpflaster sollten mit den Bürgern nochmals diskutiert werden.
Barrierefreiheit kaum vorhanden
Nur sehr wenige der Wohngebäude und Gewerbeeinheiten sind barrierefrei. Im Hinblick auf das recht hohe Durchschnittsalter von 61 Jahren könnte das in der Zukunft ein Problem für die ältere Generation werden, falls diese auf einen Aufzug oder andere Hilfsmittel, wie etwa Gehhilfen oder Rollstühle, angewiesen sind. Der öffentliche Raum sollte hierzu Vorbild sein.
Leerstände, Räume nicht vermietbar
Insgesamt stehen elf Prozent der Gebäude vollkommen und 22 Prozent teilweise leer. Der Leerstand ist großteils darauf zurückzuführen, dass keine passenden Mieter gefunden werden oder die Räumlichkeiten zurzeit nicht vermietbar sind. Beispiele zeigen auf, dass Leerstände mit der gezielten Ansiedlung von Gewerbe oder Verkaufsflächen auch innerdörflich eingedämmt werden können. Nur in wenigen Fällen ist jedoch eine baldige Vermietung angedacht, um den Leerstand aufzuheben.
Haus im Schnitt 180 Jahre alt
Ein Haus im Dorfkern ist im Durchschnitt 180 Jahre alt und wird von einer Familie mit drei Personen bewohnt. In annähernd 50 Prozent aller Gebäude ist eine Renovierung oder Sanierung geplant. Gewartet wurde offensichtlich auf die Dorferneuerung und den damit zur Verfügung stehenden Subventionen. Die am häufigsten geplanten Maßnahmen sind: Fassaden streichen, Dämmungen anbringen und neue Fenster einbauen.
Bürger für Kurzzeitparkzone
Insgesamt bekommt die derzeitige Parkplatzsituation eine mittelmäßig bis schlechte Bewertung. Bei der Frage, wie verbessert werden sollte, gehen die Meinungen auseinander. Es sind mehr Bürger für eine Kurzzeitparkzone. Weiterhin ist anzumerken, dass viele Befragte sich über die derzeitige „Wildparkerei“ beschwerten. Die Nebengebäude der Häuser im Dorfkern als eventuelle Parkplatzmöglichkeiten umzubauen scheint nicht möglich. 30 Prozent der Haushalte verfügen über einen eigenen Stellplatz.
Gewerbe: Gegen den Abwärtstrend
Die Gewerbetreibenden betrachten ihre wirtschaftliche Zukunft, die Zukunft in Kößlarn mit einer guten bis mittelmäßigen Note. 36 Prozent der Befragten gaben an, eher investieren zu wollen, was für den Ort äußerst positiv zu bewerten ist. Dennoch sind in den letzten Jahren mehrere Geschäfte geschlossen worden, darunter die Apotheke, welche vor allem für die älteren Bewohner wichtig ist. Diesem Abwärtstrend entgegen zu wirken, ist Hauptanliegen der Bürger. Mit Nachdruck äußerte sich mehrmals der Wunsch, die Dorferneuerung sollte die Wirtschaft in Kößlarn beleben. Dies gaben mehr als ein Viertel der Befragten an. So geht es um die Schaffung von Gewerbeflächen sowie die Sicherstellung einer guten Erreichbarkeit.
Dipl. Ing. Josef Pauli von Geodatenflug erläuterte, dass das Interesse an einem Fernwärmeanschluss sehr groß ist. So käme für die Eigentümer bei annähernd dreiviertel der Gebäuden ein solcher Anschluss, wegen der oftmals älteren Heizungssystemen, in Frage. Wo der Jahres-Heizwärmebedarf für ein modernes Einfamilienhaus bei 80 kWh/m² liegt, ist dieser im Bestand (Baujahr älter 1980) meist bei mehr als 200 kWh/m², also mehr als doppelt so hoch. Da Fernwärmenetze für einen langfristigen Zeitraum geplant und über diesen Zeitraum wirtschaftlich rentabel betrieben werden sollen, ist die zu erwartende Veränderung des Sanierungsstandes dringend einzubeziehen.
Die Vorteile der Fernwärme
Vom Gesetzgeber wurde der zulässige Primärenergiebedarf reduziert. Dies hat zur Folge, dass bevorzugt regenerative Energieträger, wie Holz, Biogas oder Biomethan usw. eingesetzt werden, die eine günstigere CO-Bilanz bzw. einen geringeren Primärenergieeinsatz aufweisen. Somit könnte der EnEV 2014 mit geringerem Kostenaufwand bei der Gebäudehülle entsprochen werden. Durch das Erstellen eines Wärmekatasters wurde das Räumliche des Wärmebedarfs im Untersuchungsgebiet sichtbar, wo wird die meiste Wärmeenergie benötigt? Die erhobenen Daten zum Ist-Stand der Gebäude sowie zu den Leerständen in der Dorfmitte lassen Rückschlüsse und Prognosen zu, wie die Veränderung des Wärmebedarfs in den nächsten Jahren verlaufen wird. Im Untersuchungsgebiet Kößlarn wird der Wärmebedarf ohne Netzerweiterung rückläufig sein.
Die Leerstandsquote in Kößlarn ist trotz ihrer Größe im Vergleich zu anderen Orten nicht übermäßig hoch. Dennoch gilt es, diesem Umstand entgegenzuwirken. Ein tragfähiges und vor allem realistisches Energiekonzept wäre ein sehr wichtiger Baustein, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken.
Wo bei den Marktbewohnern mit als wichtigstes Kriterium für bzw. gegen einen Fernwärmeanschluss die Investitionskosten sind, gilt für das Gelingen eines Fernwärmenetzes in Kößlarn neben der wirtschaftlichen Machbarkeit, dass eine große Anzahl von Gemeindebürgern, aktiv die Umsetzung unterstützen und begleiten, als eine wichtige Voraussetzung.
Als Vorteile der Fernwärme wurden aufgezählt: überwiegende Unabhängigkeit von globalen Ereignissen, kalkulierbare und moderate Wärmekostensteigerungen, regionale Wertschöpfung, Kostengünstigere Sanierungskosten bei der vorgeschriebenen Umsetzung mit der EnEV 2014, Einmaliger Zuschuss für Endverbraucher 1800 Euro, Möglichkeit der Beteiligung der Bürgerschaft durch die Geschäftsformen „kommunale GmbH & Co.KG oder Bürgergenossenschaft eG“ als Wärmenetzbetreiber, Imagegewinn und Aufwertung des Ortskerns, Stärkung des gesellschaftlichen Miteinanders im Ort, Betriebskostenreduzierung bei Endverbraucheranlagen wie Heizungs- und Abgasanlagen, Kommunale Einnahmen.
Die Nachteile: Keine freie Wahl des verwendeten Energieträgers, große Anzahl von Gemeindebürgern müssen die Umsetzung aktiv unterstützen. Auch das richtige Betreibermodell wurde ausführlich erläutert, wobei dies ohne Mitwirkung der Kommune als mehrheitlicher Anteilseigner nicht denkbar ist.
Für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Fernwärmenetzes Kößlarn wurde das Wärmekataster aufgezeigt und es wurden unterschiedliche Wärmeverbräuche mit unterschiedlichen Heizmodellen in einer umfangreichen Tabelle betrachtet. Bei allen Varianten ist der Wärmeverlust durch das Wärmenetz und auch der Leerstand das Hauptkriterium.
Mit der ausschlaggebende Punkt jedoch ist, dass ohne einer zweiten Wärmequelle im Bereich Oberer Markt das Fernwärmenetz unrentabel wird. - red
Quelle: Passauer Neue Presse