Ideen für das „unglaubliche Juwel“ Marktplatz

Das Thema Dorferneuerung stand im Mittelpunkt der Kößlarner Bürgerversammlung - Riesiges Interesse

Das Modell der Kößlarner Dorferneuerung präsentierten (v.l.) Kößlarns Geschäftsleitender Beamter Klaus Ranner, Architekt Erwin Wenzl, Marktrat und örtlicher Beauftragter Hans Dobler, Baudirektor am Amt für Ländliche Entwicklung, Thomas Schöffel, Bürgermeister Willi Lindner, 2. Bürgermeisterin Margit Eichler und Hermann Brenner vom Architekturbüro.(Foto: Grünberger)

Von Marita Pletter

Kößlarn. Alle Parkplätze am Marktplatz waren besetzt am Dienstagabend. Und die Besucher der Bürgerversammlung hätten vielleicht mehr Parkplätze zur Auswahl gehabt, wenn das schon jetzt perfekt gewesen wäre mit der Dorferneuerung. Denn deren Ziel sind „gut strukturierte Kurzparkplätze im Kern“, wie der örtliche Beauftragte für die Dorferneuerung, Marktrat Hans Dobler, in seiner Rückschau auf die Dorfentwicklung verlas, nämlich Plätze, „welche gäste-, kunden- und besucherfreundliches Parken ermöglichen und darüber hinaus marktplatznahe Dauerparkplätze, die die Ortsmitte entlasten“.

Ein solcher marktplatznaher Dauerparkplatz entsteht derzeit hinter dem Weitneder-Grundstück, das sich neben dem Gasthof Hager befindet. Und so viele Besucher auf einmal sind da wohl schon lange nicht mehr die Treppe hinauf geströmt wie am Dienstagabend. Ein solcher Andrang übersteige seine „kühnsten Erwartungen“, zeigte sich Bürgermeister Willi Lindner überwältigt. „So viele Leute, vor allem so viele junge Gesichter, das ist eine Freude für mich in meiner ersten Bürgerversammlung als Bürgermeister von Kößlarn.“

Willi Lindners „Erstes Mal“

Auch Altbürgermeister Franz Holub, der sich gleichfalls freute, war anwesend sowie vom Amt für Ländliche Entwicklung Baudirektor Thomas Schöffel. Vom Planungsbüro hatten sich Architekt Erwin Wenzl und dessen Kollege Hermann Brenner eingefunden. Die beiden präsentierten im Fokus der Bürgerversammlung vor aufmerksam lauschendem Publikum den Vorentwurf für die Gestaltung des Marktplatzes.

Denn „dass man für nachfolgende Generationen was Gescheites“ habe und dass dafür die Dorferneuerung stehe, hatte der Bürgermeister befunden, dass Kößlarn „aufgewertet“ werde im Zuge dieser Maßnahme. Ebenso wie Thomas Schöffel, der noch einmal auf die Förderungsmöglichkeiten im Kontext verwies, machte auch Lindner darauf aufmerksam, dass, „wenn die Dorferneuerung vorbei ist , es auch mit der Förderung vorbei“ sei. Weitersagen sollten das die Anwesenden.

Die konnten denn, falls sie sich in der Vergangenheit nicht genügend mit der Problematik vertraut gemacht haben sollten, eine ebenso kompakte wie akribisch erarbeitete Rückschau des 2012 von der Vorstandschaft gewählten örtlichen Beauftragten des Marktgemeinderats, Hans Dobler, miterleben. Die Initiative zur Dorferneuerung war vor 25 Jahren erstmals erfolgt und schrittweise, indem man die Bevölkerung einbezogen hatte, weitergeführt worden. Dobler benannte Leitbilder, Arbeitskreise, Planungen und letztlich Umsetzung der Architekten.

Den ersten Bauabschnitt, das Umfeld des Kindergartens, habe man bereits im Herbst 2012 zum Abschluss gebracht. Weiteres Ziel sei gewesen, so Hans Dobler, dass der neue Parkplatz mit Passage auf dem ehemaligen Weitneder-Grundstück bis zum Erntedankfest fertig sei. Aus indes „vom Amt für Ländliche Entwicklung zu vertretenden Gründen“ verzögere sich der Baubeginn, „dass wir froh sind, wenn wir heuer fertig werden“.

„Melodie“ für die gute Stube gesucht

Der Marktplatzbereich vom Hager bis zur Münchhamer Straße solle nächstes Jahr, und der Abschnitt vom Weißbräu bis zur Einmündung der Asenhamer Straße übernächstes Jahr neu erstellt werden. „Also, wir sind mitten drin“, bekräftigte Hans Dobler.

Schnell mittendrin war man auch bei den Ausführungen der Architekten. Die fanden dann, dass die „Gute Stube“ des Marktes Kößlarn, wie das Dobler apostrophiert hatte, nämlich der Marktplatz, unter dem baulichen Zustand, der wilden Parkerei und dem stetig ansteigenden Verkehr stark leide. Und zwar nicht die Summe der Einzelwünsche vermöchte solchem Missstand Abhilfe zu schaffen, zeigte sich Architekt Erwin Wenzl überzeugt, sondern „ein Konzept, wo eine Melodie durchgeht“.

Derlei lyrische Analogien bemühte Wenzl wiederholt, etwa indem er „das unglaubliche Juwel“ des Kößlarner Marktplatzes, diesen „hoch dramatischen Raum weiterentwickeln“ wollte, dessen „Flächen“, wiederum gleichfalls eine „Melodie“ erzeugten - quasi als „Gegentöne des Verkehrs“. Die Ortsmitte solle sich, so Wenzl, unterscheiden von Siedlungsgebieten. Hinsichtlich der Dauerparker gebe es bald eine Verbesserung und es sei der große Glücksfall, den Marktplatz unmittelbar in der Nachbarschaft entlasten zu können.

Anhand von Skizzen, Grafiken, Zeichnungen und Fotografien des Ortskerns demonstrierte Wenzl seine Ausführungen, wo er auch leer stehende und ungenutzte Gebäude thematisierte. Es gehe nicht nur um den Marktplatz, sondern ebenso um eine Reihe anderer Straßenzüge und Plätze, „die Erneuerung brauchen“. Und wenige leer stehende Häuser, vorausgesetzt „als gute Adressen erkannt, werden dann auch wieder interessant“, prognostizierte Wenzl. Eine Riesenchance sei deren Attraktivität. Dabei bestehe kein Interesse, „die Leute zu gängeln, sondern den Marktplatz nach oben zu bringen“, die Häuser weiter zu entwickeln, auch Sitzgelegenheiten im Freien im Grünen zu schaffen.

Es gebe genügend Anwesen, die über keine Stellplätze verfügten, so der Architekt. 27 Stellplätze indes werde der Weitneder-Parkplatz fassen, 70 der Markt überhaupt. Als „optimale Fläche“ sah Wenzl den Ausweichparkplatz mit dem Durchgang durchs Weitneder-Gebäude, als reizvoll: die Zweiteilung, die räumlichen Zusammenhänge hin zur Kirche, den Fußweg, auch den Bannerraum im ersten Stock. Den Fußgängern bleibe ein breiter Randbereich auf der Straße erhalten, verschont von Bussen, die auf der Straße hielten.

Breiter Randbereich für Fußgänger

Die Straße sei, wie auch Hermann Brenner befand, „grau, leise, das Rollgeräusch schwach“. 1990, so Brenner, habe man noch gepflastert, weit entfernt von breiten Gehsteigen, sei es doch damals nicht üblich gewesen, die Bürger so intensiv an der Planung zu beteiligen. Hinsichtlich der Begrünung werde man kleine, jedenfalls nicht zu große Bäume pflanzen, damit man „dieses denkmalgeschützte Ensemble nicht verpflanzt“.

Bei der Auswahl der Steine zeigte sich Brenner angetan von gehfreudigem Granit. Jedenfalls müsse man „mit dem Raum, der da ist, gut zurechtkommen“, befand wiederum Wenzl. Er denkt an fünf Meter beim längs- und an 2,50 Meter beim Senkrechtparken, sonst gehe das zu Lasten der Bürgersteige. Ferner solle jedes Haus - ohne Stufen - barrierefrei erreichbar sein.

Beim Durchbruch durch das Weitneder-Gebäude habe einst eine Feuergasse existiert, die man nunmehr für das geplante Behinderten-WC nutzen und „die Fuge dem Haus wieder zurückgeben“ könne.

Das Licht bzw. die Beleuchtung werde neu installiert, man solle „spüren, dass man sich im Zentrum Kößlarns“ befinde.

„Was passiert mit der Gastronomie?“, lautete Wenzels rhetorische Frage, denn „offen gestalten“ wolle man das Plateau vor dem Weißbräu, eventuell mittels biergartenähnlicher Bepflanzung.

Das ganze planerische Gebilde sei noch sehr jung, meinte Hermann Brenner, daher „dehnbar, erweiterbar, diskutierbar“. So solle die Meinung der Bürger aus der Bürgerversammlung in die Planung zu integrieren sein. Auch wenn sich Architekt Erwin Wenzl stark gemacht hatte für „Bäume, die schön blühen, aber die Fassaden nicht zustellen“, so fürchtete dieser oder jener Anwohner in der anschließenden Diskussion solches dennoch.

Eine während der Wortmeldungen sich wiederholende Sorge schien in erster Linie jene um die Unversehrtheit der Passanten an der Engstelle zwischen Weißbräu und Hagerwirtshaus, bei der Einmündung in die Modlerstraße, die man doch, nicht zuletzt im Interesse spielender Kinder, als solche kennzeichnen und auch im Zuge der Dorferneuerung sichern möge.

Und im Hinblick auf die viel diskutierte Neupositionierung der Marienstatue favorisierte der Architekt erneut deren Kombination mit dem Kriegerdenkmal von 1870, was bereits zuvor für Kontroversen gesorgt hatte.

Mariensäule: Standort noch unklar

„Maria als Begleiterin - oder auf den Platz schauend“ sah Wenzl Alternativen für den Madonnen- Standort, der bereits in einer der jüngsten Sitzungen des Marktgemeinderates heftig diskutiert worden war.

Hier führte Baudirektor Thomas Schöffel vom Amt für Ländliche Entwicklung einen nicht ganz uninteressanten Aspekt ins Feld. Dem einst hierarchisch orientierten Weltbild, das die Himmelsgestalten mit einschloss, setzte er die heute zeitgenössisch eher lockere Haltung des Menschen entgegen. Diese, so Schöffel, integriere auch das moderne Marienbild, welches nicht „oben“ angesiedelt, sondern als Skulptur ganz anders positioniert sein könne: empfangend, begleitend, „unten“.

Quelle: Passauer Neue Presse

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